Die Kommunikationsfalle.
Mit zusammengebissenen Zähnen und einem genervten Augenrollen stehe ich auf dem Parkplatz eines Discounters. In der Hand halte ich mein Smartphone, auf dem gerade die neueste Nachricht meines Streitpartners eingetroffen ist. Schon wieder ein weiteres Statement zu unserem anhaltenden Konflikt – natürlich per Kurznachricht. Meine Gedanken überschlagen sich: „Warum kann er nicht einfach zum Telefon greifen, statt mich mit diesen endlosen Textnachrichten zu überziehen?“
Ich bin genervt, fast schon wütend, und hadere mit mir, ob ich überhaupt antworten soll. Doch allein die Vorstellung, jetzt wieder umständlich auf dem kleinen Bildschirm herumzutippen, bringt mich auf die Palme. Gleichzeitig nagt die Nachricht an mir – antworte ich nicht sofort, hängt der Ärger wie eine dunkle Wolke den ganzen Tag über mir. Es ist diese Mischung aus Frustration, Hilflosigkeit und der absurden Erkenntnis, wie sehr ein paar geschriebene Worte den Alltag durcheinanderwirbeln können.
Ich atme tief durch und frage mich: Warum sollte es bei mir anders sein als bei anderen? Schließlich erlebe ich dasselbe Problem auch in meiner beruflichen Praxis. Bei einer laufenden Mediation zum Beispiel hatten Kurznachrichten einen erheblichen Anteil an der Eskalation eines familiären Konflikts. Bei vorherigen Mediationen waren zuvor ausgetauschte Textnachrichten ebenfalls nicht unbedingt hilfreich. Dabei können diese Nachrichten doch so nützlich sein – sei es für schnelle Absprachen oder für liebevolle Grüße.
Doch der Teufel steckt im Detail. Die gleichen Apps, die uns im Alltag so nützlich sind – SMS, WhatsApp, Signal, Snapchat, Telegramm oder iMessage und wie sie alle heißen – werden oft zur Bühne für hitzige Diskussionen. Das Resultat? Konflikte verschärfen sich eher, anstatt gelöst zu werden.*
Warum Streit per Kurznachricht so oft schief läuft
Die Dynamik von Konflikten über Textnachrichten unterscheidet sich fundamental von persönlichen Gesprächen. Ohne die wichtigen Signale wie Mimik, Gestik und Tonfall ist es leicht, Nachrichten falsch zu interpretieren. Ein sarkastischer Kommentar oder eine unglücklich formulierte Aussage kann, insbesondere in aufgeheizten Situationen, schnell eskalieren.
Zudem entsteht bei Verzögerungen – etwa, wenn eine Antwort auf sich warten lässt – oft der Eindruck von Desinteresse oder gar absichtlicher Provokation. Diese „Wartezeiten“ verstärken bestehende Spannungen und lassen Raum für Missverständnisse.
In Textstreits fällt es schwerer, den eigenen Impulsen zu widerstehen. Die Hemmschwelle, eine impulsive oder verletzende Antwort zu schreiben, ist niedriger, da man die unmittelbare Reaktion des Gegenübers nicht sehen muss. Diese impulsiven Reaktionen können tiefe Wunden hinterlassen, die schwer zu heilen sind – vor allem, da die Worte schwarz auf weiß festgehalten bleiben.

Ein weiterer Fallstrick von Kurznachrichten: Es gibt kein „natürliches Ende“. Ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht endet oft durch nonverbale Signale oder äußere Umstände, während Textstreits durch die ständige Möglichkeit, neue Nachrichten zu schicken, unendlich weitergehen können.
Der schriftliche Austausch: Chancen und Grenzen
Natürlich hat die schriftliche Kommunikation auch Vorteile. Für einfache Absprachen oder sachliche Informationen sind Textnachrichten ideal. Doch bei emotionalen Themen oder Konflikten stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Wörter allein reichen oft nicht aus, um komplexe Gefühle zu transportieren.
Ein großes Problem ist die Dauerhaftigkeit. Im Gegensatz zu einem mündlichen Streit bleiben die geschriebenen Worte erhalten. Verletzende Aussagen können später wieder hervorgeholt oder in einem anderen Kontext interpretiert werden, was Konflikte erneut aufflammen lässt.
Was ist eigentlich „Frenking“?
Ein wenig bekannter humorvoller Begriff für dieses Phänomen ist „Frenking“. Zusammengesetzt aus den englischen Wörtern Friends (Freunde) und Texting (Textnachrichten schreiben) beschreibt er emotionale oder intensive Diskussionen über Messenger-Apps. Ob zwischen Freunden, Partnern oder Familienmitgliedern: Solche Textstreits bergen zahlreiche kommunikative Fallen.
Wie Sie Konflikte besser lösen können
Damit Konflikte nicht ausarten, können wir ein paar Grundregeln für den Umgang mit emotionalen Themen beachten:
- Persönliche Gespräche bevorzugen
Emotionale oder komplexe Themen gehören in ein persönliches Gespräch. So können wir Missverständnisse durch den direkten Austausch von Mimik und Tonfall leichter ausräumen. - Telefonate als Alternative
Ist ein persönliches Treffen nicht möglich, ist ein Telefonat die bessere Wahl. Der Tonfall des Gegenübers vermittelt oft mehr als die geschriebenen Worte. - Bewusster Umgang mit Textnachrichten
Ich nutzen Kurznachrichten nur für sachliche Absprachen. Beginnt ein Streit, verschieben ich die Diskussion bewusst auf einen besseren Kommunikationsweg.

MediatorInnen und professionelle Unterstützung
Wenn es trotz aller Vorsicht zu Konflikten kommt, kann die Unterstützung durch eine Mediation hilfreich sein. MediatorInnen helfen dabei, die Perspektiven aller Beteiligten zu klären, Missverständnisse aufzudecken und gemeinsame Lösungen zu finden.
Ein weiterer Vorteil: Durch die strukturierte Begleitung können Konflikte entschärft werden, bevor sie eskalieren. Mediatoren schaffen einen sicheren Raum für Gespräche und fördern das gegenseitige Verständnis.
WhatsApp & Co. als Konflikttreiber
Streiten per Kurznachricht gehört zu den größten Kommunikationsfallen der modernen Welt. Was praktisch und effizient erscheint, entpuppt sich oft als Verstärker von Missverständnissen und Konflikten.
Wer Streit klären möchte, sollte persönliche Gespräche oder Telefonate bevorzugen. Das stärkt nicht nur die Beziehung, sondern fördert auch konstruktive Lösungen. Wenn Sie nicht weiterkommen, kann professionelle Hilfe – wie eine Mediation – dabei unterstützen, Konflikte nachhaltig zu lösen und Beziehungen zu verbessern.
Denn am Ende gilt: Konflikte sind ein Teil des Lebens. Wie wir sie lösen, macht den Unterschied.
Wir von MediatorINKarlsruhe stehen Euch bei Konflikten für unverbindliches, kostenfreies Erstgespräch zur Verfügung.
Kennen Sie Ghosting?
Ghosting bezeichnet in zwischenmenschlichen Beziehungen eine Verhaltensweise, bei der eine Person den Kontakt zu einer anderen Person plötzlich und ohne Erklärung abbricht. Dies geschieht in Freundschaften jeglicher Art oder kann in beruflichen Kontexten vorkommen.
Oft geschieht Ghosting aus Angst vor Konflikten, Desinteresse oder emotionaler Überforderung. Für die Betroffenen ist es jedoch schmerzhaft, da der plötzliche Kontaktabbruch oft Verwirrung und Unsicherheit hinterlässt.
Plötzlicher und kommentarlosen Kontaktabbruch wird bei digitalen Kommunikationsformen wie SMS, WhatsApp, Signal, Snapchat, Telegramm oder iMessage oder Social Media erleichtert. Sie ermöglichen es, Nachrichten zu ignorieren oder Kontakte zu blockieren, ohne direkten Konfrontationen ausgesetzt zu sein.
*Auflösung: Wie habe ich mein Kommunikationsproblem mit meinem Kontrahenten gelöst?
Nach dem ich echt keine Lust mehr auf nervende und zeitraubende Diskussion per WhatsApp hatte, habe ich, zugegebenermaßen nach etlichen Versuchen, ihn endlich telefonisch erreicht. Im Gespräch konnte ich ihm in Ruhe erklären, wie mich diese Art der Kommunikation belastet und warum sie in unserem Konflikt für mich alles andere als hilfreich ist. Ich schilderte ihm, wie die endlosen Nachrichten mich nicht nur frustrieren, sondern auch dazu führen, dass meine Reaktionen weniger konstruktiv ausfallen – genau das, was wir eigentlich vermeiden möchten.
Nach einer kurzen Pause stimmte er mir zu und sagte: „Das stimmt – eigentlich muss ich zugeben, dass ich das Gefühl nur zu gut kenne.“ Wir waren uns einig, dass wir für unsere Diskussionen einen persönlicheren und entspannteren Kommunikationsweg brauchen. Dies kann ein Telefongespräch oder ein persönliches Treffen sein – Hauptsache, es ermöglicht uns, Missverständnisse direkt zu klären und aufeinander einzugehen. Das spart Zeit, schont die Nerven und sorgt für eine bessere Stimmung!